Die Vorbereitung der Jeans-Produktion erfordert viele Arbeitsschritte. Einerseits muss der richtige Produzent als Partner ausgewählt werden. Andererseits müssen alle schnitt- und design-relevanten Muster ausgewählt und passende Vorlagen erstellt werden.
An der Munich Fabric Start vom Januar 2017, eine der größten Stoffmessen in Europa, sammelte ich die nötigen Kontakte, um die Produktion meiner Jeans vorzubereiten. Zwei von sieben Hallen sind alleine für Denim vorgesehen, die sogenannte „Blue Zone“. Als ich im Herbst 2016 schon einmal die Messe besucht hatte, war ich komplett überfordert. Doch diesmal hatte ich eine konkrete Vorstellung, nach was ich suchte.
Auswahl der Stoffe
An der Messe stellen diverse Hersteller ihre Stoffe und weiteren Materialien wie Knöpfe, Reißverschlüsse, Labels usw. aus. Für Denim gibt es eine riesige Auswahl, und die Hersteller kommen von der ganzen Welt. Doch die Produktion von Denim konzentriert sich auf gewisse Länder. In Europa sind das vor allem Türkei, Italien und Spanien. Ich konzentrierte mich auf Hersteller, die umweltfreundliche Stoffe anbieten.
Nach diesem Kriterium ging ich von Stand zu Stand, sammelte Kontakte und liess mir die Stoffe zeigen. Es ist üblich, dass man sich eine Auswahl von Stoffen in Form von sogenannten „Hangers“ zuschicken lässt. Das sind Stoffmuster, die aufgehängt werden können. Allerdings muss man vorweisen, dass man ein ernst zu nehmender Käufer ist. Zum Glück hatte ich schon meine ersten Werbe-Flyer dabei. So konnte ich glaubhaft darlegen, dass ich die Herstellung von Jeans in größeren Mengen beabsichtige.
Auf diese Weise bestellte ich diverse Stoffmuster von verschiedenen Herstellern, die mir in den darauf folgenden Wochen zugeschickt wurden.
Kontakte zu Jeans-Produzenten
Bei den Stoffherstellern fragte ich nach Kontakten zu Jeans-Produzenten. Die Herausforderung war Produzenten zu finden, die auch kleinere Mengen zu produzieren bereit sind. Denn ich muss ja klein anfangen und die Mengen allmählich steigern können. Die meisten Produzenten haben Mindestmengen von 1000 Stück und mehr. Doch die Stoffhersteller waren sehr hilfreich und konnten mir diverse Kontakte zu Produzenten vermitteln, die auch kleinere Mengen zu produzieren bereit sind.
Die Kontakte, die ich erhielt, umfassten Produzenten in der Türkei, in Tunesien, Griechenland und Italien. Ebenfalls erhielt ich Kontakte nach Indien und Thailand. Mein Plan war in diese Länder zu reisen, um einen Augenschein vor Ort zu nehmen. Ich begann also verschiedene Reisen zu planen, die mich im Verlaufe des Frühlings 2017 nach Istanbul, Tunis, Padova, Thessaloniki und Bangkok führen sollten.
Business-Trips zu potenziellen Produzenten
Mein erster Trip führte mich nach Tunesien und in die Türkei. Ich traf die jeweiligen Kontaktpersonen, die mich sehr freundlich empfingen und begleiteten. Jedes Gespräch war sehr lehrreich für mich, denn ich musste ja zuerst lernen, wie die Produktionsprozesse funktionieren, und welche Voraussetzungen bestehen. Ich lernte zum Beispiel, dass es normalerweise die Produzenten sind, die den Einkauf der Grundmaterialien wie Knöpfe oder Labels machen. Als Käufer muss ich lediglich meine Ansprüche in einem technischen Plan genauestens beschreiben und einen Schnitt resp. ein Muster zuschicken. Der Produzent macht dann den Einkauf und führt alle Materialien im Rahmen der Produktion zusammen.
Später besuchte ich Produzenten in Italien und Griechenland. Die Produzenten arbeiten je nach Größe mit mehr oder weniger industrialisierten Prozessen. Während bei größeren Stückzahlen automatisierte Produktionsprozesse vorteilhaft sind, ist bei kleineren Stückzahlen mehr Handarbeit nötig, was Einfluss auf den Stückpreis hat. Auch die Qualität ist sehr unterschiedlich, was den Preis beeinflusst. Die Frage wird sein, welche Qualität ich mir zu welchem Preis leisten kann.
Asien oder Europa?
Ich plante meine Trips so, dass ich zuerst die näher gelegenen Länder in Europa bereiste. Aus preislichen Gründen buchte ich den Flug nach Bangkok zwar schon frühzeitig, doch machte ich zuerst nur Termine mit europäischen Produzenten ab. Dies stellte sich als richtigen Ansatz heraus. Ich fand heraus, dass die Produktion in Europa für mich vorteilhafter ist. Einerseits wird es nötig sein, den Produzenten in einer gewissen Regelmässigkeit zu besuchen, und andererseits sind die Preisunterschiede nicht so groß, zumal es sich noch um kleinere Stückzahlen handelt.
Zudem stellte ich fest, dass die Kommunikation schwieriger wird, je weiter der Produzent weg ist. Womöglich spielen auch kulturelle Unterschiede eine Rolle. Auch die Lieferung der Ware dauert um einiges länger, wenn sie von Asien geschickt werden muss. Deshalb ließ ich den Plan fallen auch asiatische Produzenten zu besuchen. Den Trip nach Bangkok nutzte ich dann für eine andere Gelegenheit, nämlich für die Herstellung von Werbegeschenken. Ich habe einen Freund in Bangkok, dessen Familie eine Produktionsstätte für Taschen und Ähnliches betreibt. Ich ließ dort Visitenkarten-Umschläge aus Jeans-Stoff herstellen, welche ich als Werbegeschenke verwenden kann.
Knöpfe, Nieten, Labels usw.
Für die Herstellung von Jeans müssen diverse Utensilien zusammengetragen werden, an die man als Konsument gar nicht denkt. Einerseits müssen die richtigen Knöpfe, Nieten und Reißverschlüsse ausgewählt werden. Sie haben einen entscheidenden Einfluss auf das Design. Andererseits müssen die Labels und Patches mit dem Markennahmen und weiteren Beschriftungen gestaltet werden. Es gibt spezialisierte Firmen, die sich nur auf die Herstellung von Labels und Patches konzentrieren.
Des Weiteren gibt es gewisse regulatorische Vorgaben, welche Informationen auf Textiletiketten erscheinen müssen. Neben der Materialkennzeichnung muss eine passende Waschanleitung vorhanden sein. Da die Symbole für die Waschanleitung markenrechtlich geschützt sind, musste ich mit Ginetex, die verantwortliche Organisation für Textilkennzeichen, einen Vertrag abschließen.
Für den Produzenten müssen alle diese Utensilien genauestens bezeichnet und entsprechende Vorlagen erstellt werden. Im Rahmen eines technischen Planes werden diese Details für das Kleidungsstück zusammengetragen und genauestens beschrieben.
Offertprozess zur Auswahl des Produzenten
Da ich längerfristig größere Mengen absetzen möchte, muss ich von Anfang an auf eine effiziente Produktion achten. Ich strebte deshalb eine längerfristige Partnerschaft mit einem Produzenten an, der eine gute Qualität zu angemessenen Preisen bieten kann. Um den richtigen Produzenten auszuwählen, holte ich verschiedene Offerten ein.
Ich lud fünf verschiedene Produzenten in Italien, Griechenland, Tunesien und der Türkei zur Offertabgabe ein. Ich hatte jeden dieser Produzenten bereits persönlich besucht. So zählte neben der eigentlichen Offerte auch mein persönlicher Eindruck, um den zukünftigen Lieferanten auszuwählen. Ich entschied mich für Denimce, einem kleinen Produzenten in Istanbul. Die Professionalität der Leute und die Qualität ihrer Produkte überzeugten mich. Zudem ist dieser Hersteller für die Einhaltung von ethischen Standards zertifiziert.